Die Gesetzesvorlage «Nachtrag zum Gesetz über die soziale Sicherung und Integration von Menschen mit Behinderung (Finanzierung ambulante Leistungen im Bereich Wohnen)» ist an den Kantonsrat verabschiedet worden. Die beko ost hat gemeinsam mit den Selbstvertretern eine Stellungnahme zur Gesetzesvorlage erstellt. Diese wurde der vorberatenden Kommission des Kantonsrats bereits zugestellt. Wir haben Ende Oktober die Möglichkeit, diese Stellungnahme in einer Sitzung der vorberatenden Kommission persönlich zu erläutern. Die wichtigsten Punkte der Stellungnahme im Überblick:
- Die beko ost unterstützt die Vorlage.
Für Direktbetroffene bietet das neue Gesetz mehr Wahlfreiheit und fördert dadurch die Selbstbestimmung. Es ist ein wichtiger und richtiger Schritt in der Umsetzung der UN-BRK. - Beschränkung auf Art. 8 ATSG
Gemäss der jetzigen Gesetzesvorlage sind Leistungsnutzende nur jene Personen, die nach Art. 8 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) als invalid gelten. Dies deckt eine grosse Personengruppe von Menschen mit Behinderungen nicht ab. Gemäss Artikel 19 der UN-BRK (Unabhängige Lebensführung und Einbezug in die Gemeinschaft) haben Menschen mit Behinderungen die gleichen Wahlmöglichkeiten bezüglichen ihrer Lebenssituation wie andere Menschen. Eine Beschränkung auf den Art. 8 ATSG widerspricht somit der UN-BRK. Die beko ost fordert eine Erweiterung dieser Personengruppe durch die Ergänzung des Art. 9 ATSG (Hilflosigkeit). - Mitwirkungspflichten bei der Bedarfsermittlung
Je nach Art der Behinderung kann eine Mitwirkung im Bedarfsermittlungprozess eingeschränkt oder nicht möglich sein. Dies darf aus Sicht der direktbetroffenen Personen kein Ausschlusskriterium für den Bezug von ambulanten Leistungen sein. Ein eine entsprechend starre Umsetzung kann ganze Personengruppen ausschliessen. Es ist selbstverständlich, dass eine Mitwirkung für die Umsetzung Voraussetzung ist. Diese darf aber nicht ausschliesslich in der Verantwortung der betroffenen Person liegen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Mitwirkungspflicht auch von einer stellvertretenden/unterstützenden Person übernommen werden kann. Wir möchten, dass dies im entsprechenden Gesetzesartikel ergänzt wird. - Obergrenze für Leistungen
Die Arbeitsgruppen der Selbstbetroffenen lehnen die Festlegung einer Obergrenze von Leistungen entschieden ab. Die Festlegung einer Unter- oder Obergrenze widerspricht ganz klar den Forderungen der UN-BRK nach freier Wahlmöglichkeit. Die Beschreibung in der Botschaft zielt auf finanzielle Steuerung und nicht auf die individuelle Wahlfreiheit ab. Diese Wahlfreiheit muss nicht nur in Bezug auf einen möglichen Wechsel ins ambulante Wohnen, sondern auch auf ein Bleiben oder einen Eintritt in ein stationäres Setting umgesetzt werden. Die beko ost fordert, dass keine Ober- und Untergrenzen im Gesetz festgelegt sind. - Bereitschaftsleistungen
Die Bereitschaftsleistungen sind für Direktbetroffene im ambulanten Wohnen unabdingbar. Sie spielen für viele Menschen mit Behinderungen eine zentrale Rolle, um ambulant wohnen zu können. Die Ausführungen in der Botschaft zeigen den Willen, Bereitschaftsleistungen anzubieten und diese zu finanzieren. Damit Bereitschaftsleistungen jederzeit abgerufen werden können, braucht es im Hintergrund einen Pikettdienst, der finanziert werden muss. Im Gesetz werden neben Fach- und Assistenzleistungen jedoch keine Bereitschaftsleistungen aufgeführt. Um diese zu garantieren, müssen sie zwingend auch gesetzlich verankert werden. Wir fordern, dass die Bereitschaftsleistungen im entsprechenden Artikel ergänzt werden.